Fahrt Fahrrad! oder: Mobil und vernetzt sein in Zeiten von Corona

Eine Freundin schickte mir gerad eine Mobilitätsstudie von zwei Schweizer Hochschulen. Als passionierte Radfahrerin war ich verblüfft und begeistert. Plötzlich wird Fahrrad gefahren wie wild. Nicht, dass die Schweizer:innen nicht vorher schon (e-)geradelt wären. Aber jetzt erst recht!

Diagram: ETHZ + WWZ   MOBIS Covid19 Study

Da sag noch jemand, Corona hätte keine positiven Seiten.

Unsere Adaptionsgeschwindigkeit im virtuellen Raum ist zwar auch beeindruckend, allerdings nicht rundum positiv. Bei der Kommunikation rächt sich die Abwesenheit eines leistungsfähigen Glasfasernetzes. Und Datenschutz? Tja, da klemmt`s bedenklich oft akut.

RKI: Infoübertragung analog und digital

Der tägliche Check der RKI-Seite ist inzwischen quasi zur Pflichtübung mutiert. Alle paar Tage durchforste ich die Seite auf neueste Forschungsentwicklungen etc. Um mich zu outen: ich bin echter Fan der RKI-Informationsstrategie! Weil Hintergründe, Bezugsquellen und Weiterführendes wie Studien etc. leicht zu finden sind. Schade ist deshalb, dass bei der digitalen Infosammlung nicht die gleiche Expertise waltet. Da wird eine App promotet, zu der sich unser oberster Datenschützer U. Kelber kritisch geäußert hat. Damit beantwortet er die Frage im FAQ-Katalog des RKI zur App. Leider ist die Antwort nicht auf der Seite selbst zu lesen. Apropos FAQs: sie vermitteln den Eindruck, dass nicht wirklich klar ist, was die App eigentlich so macht.

Die greift auf diverse Plattformen zu und soll die pseudonymisierten Profile auf Servern in Deutschland lagern. Die Entwicklung kommt aus Berlin, von einem StartUp, in das u.a. der Samsung Catalyst Fund investiert. Die Lage könnte schlimmer aussehen. Auch auf die AGBs (PDF) löst nicht Hyperventilation aus, trotzdem: Überhebt sich das RKI nicht mit der Versprechung, dass die App datenschutzkonform ist?

Die EU und das Corona Contact-Tracking

Klar, wir leben gerade mitten im Technologie-Sprung. Irgendeine App muss einfach her. Schon länger wird mit Hochdruck an Lösungen gebastelt. Auch eine europäische Lösung ist weit vorn im Rennen. Viele in Deutschland würden anscheinend gern per App ihren Beitrag zur Corona-Bekämpfung leisten. So was gibt das Gefühl, etwas tun zu können in Zeiten des Abwartens und der Unwissenheit. Ob dieses Gefühl nicht trügerisch ist, ist fraglich. Sinnvoll und datenschutzkonform ist bisher jedenfalls noch nichts – möglich ist wäre jedoch was. Sogar der Chaoscomputerclub äußert sich zu dem Thema. Mit 10 Punkten, die eingehalten werden sollten – und wird damit sogar gehört.

Gesundheitsämter und  Datenschutz

Netzpolitik.org bezweifelt allerdings generell, dass das Tracking wirklichen Mehrwert liefern kann. Vielleicht ist der ganze Aufwand ohnehin gar nicht notwendig. Zumindest nicht in Deutschland, denn in den letzten Jahren haben die Länder ihre Polizeigesetze hochgerüstet. Die machen es jetzt möglich, dass die Corona-Daten der Gesundheitsämter einfach an die Gesetzeshüter:innen weitergeleitet werden. Datenschutz? Was war das gleich noch mal?

Zoom auf Daten,

Ähnlich flau sieht es damit bei den Kommunikationstools für Video-Conferencing aus. Das Microsoft-Tool Skype erlebt Hochkonjunktur und Zoom ist plötzlich in aller Munde. Das ist blöd, denn besonders Zoom Video Communications Inc. hat es ganz und gar nicht mit Datenschutz . Auf öffentlichen Druck bessert das Unternehmen die Plattform widerwillig nach. Auch Slack und Konsorten stehen nicht gerad für Datenschutz und Datensparsamkeit. Was kann man:frau nur tun?

Von Jitsi, Nextcloud und Fahrradfahren

Einfach mal Jitsi ausprobieren. Das Tool, dass sogar von der kritischen Szene akzeptiert wird. Nur, da wären wir dann bei der Leistungsfähigkeit des bundesweiten Glasfasernetzes und der Instanzen. Bei beiden wäre schnelles Nachbessern klasse. Ruckeln und fipsen hin oder her….ich nutze sie. Meist funktionieren sie nämlich super. Schön, dass immer mehr Instanzen zur Verfügung stehen. Eigentlich geht sowieso fast alles ohne großes Datendesaster. Man:frau muss nur wollen. Und sich beherzt von liebgewonnenen Datenkraken trennen. Dank Corona ist nun sogar die Zeit, sich umzugewöhnen und neue Anwendungen kennenzulernen. Falls das nicht so leicht ist und die Ungeduld zuschlägt: einfach eine Runde auf´s Fahrrad schwingen und die gute Luft und Ruhe geniessen.