Kein Dreamteam: Corona & ÖPNV, oder: fahrt Fahrrad kombiniert mit BVG

Corona macht der BVG zu schaffen. Am 23. Juni wurde nun on top zu strikten Regelungen ein Bußgeld für Maskenmuffel eingeführt. Während Beschränkungen für Shops und Veranstaltungen fallen, bleibt der Status Quo für den ÖPNV erhalten. Wie lange ist  unklar, aber vermutlich sehr lange. Fahrt Fahrrad kombiniert mit BVG, Foto von Bussen by YuYunIrgendwo verständlich, immerhin verbringen Reisende wenn, dann längere Zeit in den geschlossenen Fahrzeugkabinen. Mit steigendem R-Wert – auch in Berlin – ist die Maßnahme um so nachvollziehbarer. Trotzdem: für den ÖPNV wird die Situation dadurch kontinuierlich diffiziler. Schon im März musste die BVG ihr Angebot reduzieren. Gerad wird es wieder hoch gefahren. Doch die Fahrzeuge bleiben unterbesetzt, die Einnahmen unterirdisch und Nutzer:innen zögerlich.

Zeitgleich verstärkt sich der Radfahr-Hype weiter rasant. Immer mehr Radelnde quetschen sich auf die vorher schon knapp bemessenen Fahrstreifen. Pop-Up-Routen können die Lage zum Glück etwas abmildern. Ach, und Reparaturen oder Ersatzteilkäufe sollten – wenn möglich – lieber vertagt werden. Ohne lange Wartezeiten geht da gar nichts.

33% der Mobilist:innen bleiben bei Rad oder PKW

Für den ÖV mutierte die Corona-Krise von Anfang an zum Desaster. Bis zu 90% geringere Auslastung hatten die Einschränkung des Angebots zur Folge. Die Systemrelevanten sollten gefahren werden – auf Wunsch von Kommunen und Regionen. Ansonsten: lieber drauf verzichten, war die Devise. Das taten viele natürlich nur zu gern. Und selbst jetzt, vier Monate später mit wieder hochgefahrenem Angebot und verstärkten Hygienemaßnahmen in petto, kann der ÖV nur wenige Blumentöpfe gewinnen. 33% der Nutzer:innen bleiben lieber erst mal dauerhaft bei ihren treuen Drahteseln oder konventionellen PKWs – zweiteres natürlich zum Schaden der Umwelt. Das scheint besonders die oberen 10.000 jedoch nicht anzufechten. Und so mutiert Corona einmal mehr in die Krankheit der Armen. Denn die quälen sich in steigendem Maße wieder in die Öffis.

Rettungsschirm: 5 Milliarden Euro

Gegen das ÖPNV-Desaster schafft das Land nun Abhilfe. Fünf Milliarden Euro sollen her, um die kriselnden Dienste zu retten. Und sie kommen. Allein der Bund plant, 2,5 Mill. auszuschütten – die Klimaziele für 2030 immer fest im Blick. Das sollte beruhigen, ob es das tatsächlich tut, bleibt fraglich. Denn wie in vielen anderen Bereichen, waren die Probleme auch vorher nicht ohne. Und die Arbeit an deren Behebung zog sich ohnehin in die Länge.
Wie üblich wurde am Personal gespart, sowohl zahlen- als auch lohnkostenmäßig. Klar, das  Phänomen erzeugt durch sein routinemäßiges Auftreten fast nur noch das „große Gähnen“. Aber gerade deshalb: Das Brennglas Corona lässt es schrill schillern.Foto von Rad, Auto und Bus

e-Ticket und Surveillance

Auch in Sachen Digitalisierung hat sich der deutsche ÖV leider bisher nicht sonderlich mit Ruhm bekleckert. Ein Beispiel: das e-Ticket. Es entwickelt sich, entwickelt sich und entwickelt sich – seit 1999 – ohne Aussicht auf flächendeckende Anwendung. Zu groß sind immer noch die Sicherheitsmängel bezüglich Datenschutz. Bedenken aller Art lassen das Projekt zu einem Langzeitprozess mutieren. Der BER lässt grüßen. 

In Sachen Datensammlung und -verwertung ist zumindest die BVG dagegen erstaunlich dynamisch. Die Info ist anscheinend nur eine Randnotiz wert. Wie im Vorbeigehen veröffentlicht sie, dass sie Filmsequenzen aus Überwachungskameras analysiert, um die Umsetzung der Maskenpflicht zu überprüfen. Auch die Deutsche Bahn will demnächst ihre Kameradaten auswerten. Allerdings setzt sie explizit auf Datenschutz. Den erledigt in einem Pilotprojekt ein „KI“-Tool. Das soll Gesichter aus Überwachungskameras anonymisieren und anschließend Fahrgastströme in Echtzeit auszuwerten.

ein Blick nach Europa

Mit reduziertem, qualitativ minderwertigem ÖPNV lassen die sich die notwendigen Klimaziele für 2030 dummerweise sehr schwierig erreichen. Ob die 5 Milliarden genügen, um den Service coronagerecht zu gestalten und mehr noch: ihn klimaorientiert hoch zufahren, bleibt abzuwarten. Optimal wäre, wenn die Branche endlich den Sprung schafft und sich angemessen digital vernetzt. Immerhin machen das inzwischen viele europäische Länder vor. Fahrt Fahrrad kombiniert mit BVG, Foto von Rädern by YuYun

Also: Fahrt Fahrrad kombiniert mit BVG. Im inneren Ring von Berlin ist das ohne Probleme möglich. Mit Glück ist frau/man dann sogar schneller am Ziel. Denn die vielen Baustellen machen das Radeln zur Zeit öfter mal zum nervigen Slalom.