Was ist KI: Komplexe Informationstechnik!

Permanent stand ich bei meiner KI-Recherche vor neuen Wortgebilden, staunte und wusste nicht, was sie bedeuteten. Es waren so viele Begriffe, dass ich mich gar nicht traute zu fragen, was das denn hinter jedem einzelnen steckt. Dauernd dumm da zu stehen, macht schließlich keinen Spaß.

Was ist KI: komplexe Informationstechnik! Kollage aus verschwommenen Gesichtern in Gehirnform mit dem Schriftzug: The Brain of AI // copyright: form:f - critical design

Artwork: yuyun  CC BY-NC-SA

Nichts desto trotz plagte mich die Neugier, immerhin wird KI kontrovers diskutiert und ist eines der Herzthemen der Digitalisierung.In den Posts seit Februar `19 habe ich mich auf den Weg gemacht zu verstehen, wo und wie KI in meinem Alltag präsent ist. Mit welchem Vokabular  wird das Thema beschrieben? Wie alltagstauglich ist KI? Was hat der Begriff mit „Intelligenz“ zu tun? Welche Emotionen löst KI aus? Was hat die Businesswelt damit zu tun?  Wer treibt die Thematik maßgeblich voran?

Für mich klang der Begriff mystisch. Ich wollte ihn begreifen und ihn zugleich Themenfremden verständlich erklären können. Hier sind nun die Ergebnisse meiner Suche:

KI: Begriffsentstehung + Stand der Technik

Der Begriff KI wurde 1955 das erste Mal von J. McCarthy verwandt. Er hat selbstverständlich mit Computern zu tun – noch dazu nicht mit irgendwelchen. KI war selbst für Nerds eher Science Fiction, denn die Rechenpower war zu der Zeit viel zu gering. Nach nur schlappen 60 Jahren ist es allerdings so weit:

  • Die Hardware ist endlich potent genug, um sehr strom-, daten- und leistungsintensive Rechenvorgänge in absehbarer Zeit zu bewältigen.
  • Die Vernetzung von Menschen und Geräten hat inzwischen so große Datenmengen produziert, dass sich neues Wissen aus ihnen generieren lässt.
  • Die Komplexität von Algorithmen ist so weit gediehen, dass ihr Einsatz verwertbare Ergebnisse erzeugt.
  • Die Begeisterung für PDAs (Personal Digital Assistants) ist geweckt und wächst.

Die Entwicklungsgeschwindigkeit in allen Bereichen ist mehr als beeindruckend. Foto von Glasfaserkabel, hochragend // source: form:f - critical : design Foto von Serverzentrum eines Internetproviders // Foto: 1&1

KI, einem Alien erklärt

Aliens würde ich die Sache so erklären: Künstliche Intelligenz ist eine Idee von uns Menschen. Zu der kam es so: Wir spielen gern mit Rechenmaschinen rum. Die sind deswegen inzwischen erstaunlich schnell, präzise und ausdauernd. Es sind echt prima Werkzeuge geworden. Wir lieben sie und möchten sie gern noch stärker in unser Leben integrieren. Gerade probieren wir deshalb unsere Intelligenz zu Kollektivintelligenz zu bündeln. Das machen wir mithilfe von mathematischen Berechnungsvorschriften, die wir uns ausgedacht haben. Mit denen codieren wir die Maschinen. Und voilá: Sie ahmen unsere Intelligenz nach.

Falls der Alien nachfragt, warum:

 Ob das Sinn macht? Keine Ahnung. Der Spieltrieb und die Neugier treiben uns vorwärts. Ein paar haben schon Sinn dahinter gefunden: Sie horten Reichtum und Macht. Die verwenden sie dann dazu, andere zu kontrollieren. Das funktioniert prima mit den Maschinen. Andere wünschen sich, dass die Maschinen ihnen sowohl körperliche als auch intellektuelle Arbeit abnehmen und ihnen den stressigen Alltag erleichtern. Wieder andere träumen davon, dass sie ihnen helfen intelligenter, schöner, kräftiger und unsterblich zu werden. Einige hoffen sogar, dass neue Ideen entstehen, wie wir auf unserem Planeten länger überleben können. Aktuell sieht es damit nämlich nicht so gut aus.

KI KI KI

KI, das ist: Machine Learning, Reinforcement Learning, unsupervised und supervised Learning, Decision Trees, Decision-Tree Algorithmus, Pattern Recognition, Deep Learning, Neuronales Netz(werk), Cognitive Computing, Probabilistic Robotics, Computerlinguistik, und, und, und. Für Wissensdurstige: hinter den Links verstecken sich einführende Infos zu den einzelnen Themen. 

Da inzwischen viele gute Erklärungen existieren, befasse ich mich hier mit den Seiten von KI, die schwerer greifbar waren: das grundlegende Konzept und der „handwerkliche“ Entwicklungsprozess.

Was ist KI: komplexe Informationstechnik! Glasfaserkabel und Sicherheitsband mit der Aufschrift: Achtung Kabel! // Foto: form:f - critical : designGlasfaserkabel am Feldrand vor Verlegung // Foto: form:f - critical : design

Basis = Datenstrukturierung durch Algorithmen (lat. für Berechnungsvorschrift)

Grob gesagt wird der Begriff „KI“ verwandt für:
die Auswertung großer Datenmengen mithilfe von Berechnungsvorschriften, die Statistiken erstellen und/oder Wahrscheinlichkeitsberechnungen ausführen.
Dabei entsteht keine Intelligenz im herkömmlichen Sinne. Es entsteht Wissen, das für Entscheidungen oder Neuentwicklungen verwendet werden kann.

DataLake = Big Data manuell gelabelt

Damit ein Algorithmus etwas zum Sortieren hat, muss erst mal ein Datalake bestehend aus Big Data her. Eine wahre Fundgrube dafür sind die sozialen Medien. Auch Mikroprozessoren, die inzwischen in fast jedem Gerät verbaut sind, sammeln dank der Neugier ihrer Hersteller emsig Daten. Leider sind viele Datensets unbearbeitet unbrauchbar. Sie müssen aufbereitet werden, damit Algorithmen sie verarbeiten können. Das machen Datenstewards oder Click-Arbeiter*innen. Ein Beispiel: Nehmen wir Bilddaten, die auf den Servern (Cloud) von Facebook lagern. Sie werden kostengünstig von Click-Arbeiter*innen vorbereitet – „gelabelt“. Jedes einzelne Bild, auf dem z.B. ein Gesicht zu sehen ist, beschriften sie  mit „Gesicht“. Zusätzlich bekommt es Markierungen beispielsweise für die Hautfarbe. Bilder von Büchern beschriften sie mit „Buch“ und markieren Details. Je mehr gelabelte Bilder vorhanden sind desto besser. Wichtig ist, dass die Arbeiter*innen die Bildarten und -details nicht durcheinander bringen.

Was ist KI: komplexe Informationstechnik! Tafel auf dem Stand von AWS, zeigt Struktur der Serverdienste von Amazon, Hannover Messe 2018 // Foto: form:f - critical : designWas ist KI: komplexe Informationstechnik! Foto mit altem und neuem Verteilerkasten der Telekom // Foto: form:f - critical : design.

Algorithmus-Konzeption = gebündelte natürliche Intelligenz

Vor dem Schreiben der Algorithmen muss natürlich erst mal geklärt werden, warum sie zum Einsatz kommen, was und wie viel sie finden sollen und wie die Funde zu bewerten sind. Das denkt sich ein Projekt-Team aus – aktuell oft bestehend aus Data Scientists, Businessstrateg*innen, Wissenschaftler*innen und Programmier*innen. Öfter mal entscheidet nur eine der Berufsgruppen.

Am Beispiel der Bilddaten lässt sich das Prinzip des Arbeitsprozesses verdeutlichen: Das Team möchte eine Gesichtserkennungssoftware haben. Die soll bestimmte Gesichter auch unter schwierigen Bedingungen sicher raus filtern. Das Team überlegt, wie die Software konzipiert sein muss, damit ein Computer die Berechnungen erfolgreich ausführen kann. Erstmal entscheidet es sich, gelabelte Bilder von Gesichtern und Büchern zu verwenden. Außerdem fügt das Team dem Datalake ein Referenzbild bei, das die Software raus filtern soll. Weil das Team neugierig ist, möchte es zudem die Gesichtsbilder in unterschiedliche Gruppen je nach Hautfarbe sortieren lassen. Das hat zwar nichts mit dem aktuellen Projekt zu tun, aber könnte zukünftig von Vorteil sein. Zur besseren Kontrolle legt das Team Zwischenergebnisse fest: Korrekt ist, wenn Bilder von Gesichtern, beschriftet mit „Gesicht“ gezeigt werden. Pro Hautfarbe soll eine Untergruppe zu sehen sein. Ein weiteres Ergebnis ist, dass die Software die Bilder der Bücher als falsch einordnet. Die Aufgabe ist erfolgreich gelöst, wenn der Algorithmus aus der Gesichtsgruppe das zusätzlich hochgeladene Bild heraus filtert. Die Software kann dann die Gesichter von den Büchern „unterscheiden“ und jedes im Datenpool vorhandene Gesicht „finden“.

Algorithmen = Berechnungsvorschriften manuell codiert

So präpariert sind die Daten und das Projekt bereit für einen Algorithmus. Wie oben geschrieben ist das eine Berechnungsvorschrift – ganz grob umschrieben: eine mathematische Formel. Mit Hilfe von diesen Vorschriften führt eine Anwendung (Programme, Maschinen, Roboter…) kontrollierte und wiederholbare Aktionen aus.

Die Algorithmen werden von Programmierer*innen in einer Programmiersprache vorbereitet und geschrieben. Je nach dem, was die vorgeben, entstehen dabei Datengruppen und/oder -reihenfolgen. Die Programmierer*innen codieren, ob und wie eine Berechnungsvorschrift Anhäufungen finden, auswählen und/oder einstufen soll. Sie codieren, welche und wie viele  Anhäufungen gefunden werden und in welchem Verhältnis sie zueinander stehen sollen. Um beim Beispiel zu bleiben: Name: Gesicht, Anzahl: 10 Gruppen, Reihenfolge: 1. schwarz, 2. weiß, 3. gelb, 4. rot… Sie bringen die Algorithmen zum Funktionieren. Codiert jemand zwei Handlungsanweisungen: 1. „bilde eine Gruppe (Klasse) aus allen Dateien mit dem Wort „Gesicht“ 2. zeige sie bei Eingabe des Wortes „Buch“. Dann spuckt der Algorithmus Bilder von Gesichtern aus, wenn ein*e Nutzer*in das Wort „Buch“ in eine Suchmaske eingibt.

Was ist KI: komplexe Informationstechnik! Foto von Glasfaserkabelrollen auf Anhänger am Straßenrand // Foto: form:f - critical : design Was ist KI: komplexe Informationstechnik! Foto von Glasfaserkabel und Handschuh // Foto: form:f - critical : design

Machine Learning = Rechner rechnen

Es scheint alles ganz einfach zu sein. Die Ergebnisse sind allerdings alles andere als einfach. Denn die Algorithmen sind ja eben komplex, die Hardware leistungsfähig, Big Data riesig und wir sehr neugierig. Nach wie vor brauchen Computer daher viel Zeit, um die Datenmengen den Berechnungsvorschriften entsprechend zu verarbeiten. Damit wären wir beim von Arthur L. Samuel geprägten Begriff „Maschinelles Lernen“.

Wie wäre es, wenn ich sagen müsste: “ Darf ich Sie fragen, ob Sie Ihre Aufgabenstellung (Gesichtserkennung) überprüft haben? Die Daten und die Algorithmen sind vorbereitet. Wenn ich gleich Start drücke, rechnet der Rechner sehr lange und darf nicht unterbrochen werden. Seine Hardware läuft dann auf Hochtouren. Er verbraucht Strom und macht Lärm. Das Finden, Auswählen und Einstufen von Informationsanhäufungen gerät bei der Datenmenge zu einer langwierigen Aktion. Übrigens kann ich Ihnen nicht gewährleisten, dass das Ergebnis korrekt ist. Lassen Sie uns beten, dass wir nicht alles wiederholen müssen. Statt dem „Gesicht“ kann das Ergebnisbild auch ein „Buch“ sein. Dann müssen wir uns noch mal angucken, ob das jeweilige Bild mit der Beschriftung übereinstimmt und ob die richtig geschrieben ist. Eventuell muss ein*e Programmierer*in die Berechnungsvorschrift sogar noch mal ändern. Sie haben gut geprüft, ja? Dann drück ich jetzt: „Go“.

Klingt es nicht stattdessen viel besser, wenn ich sagen kann: Die Maschine „lernt“ und ich „trainiere“ sie gerade?

Deep Learning = Rechner rechnen aufwändiger

Beim „Tiefen Lernen“ bleibt der mechanische Vorgang der Gleiche. Allerdings müssen leistungsfähigere Rechner her, die noch dazu meist länger rechnen. Das liegt daran, dass die fraglichen Algorithmen oft sehr vielschichtig sind. Bedeutungsschwanger wird manchmal sogar von einer „Blackbox“ geredet. Das ist kein Wunder. Die Idee für diese Algorithmen basiert auf der Funktionsweise des menschlichen neuronalen Netzes. Auch das kennen wir noch nicht bis ins letzte Detail. Die Algorithmen sind so geschrieben, dass große Informationsmengen durch eine Kaskade von Codes geleitet werden. Die Formeln berechnen jeweils, ob die Informationsmengen wichtig und richtig sind oder nicht und erzeugen für die Infos eine Gruppe. Wenn die Gruppe nicht in die Vorgaben passt, eliminiert eine Vorschrift sie notfalls wieder. Ist sie wichtig und richtig, wird die Gruppe verstärkt. Außerdem gibt es noch Funktionen, die zufällig Gruppen neu kreieren. Mit denen wird geguckt, ob ein Ergebnis sinnvoll verändert werden kann.

Da extrem viel im Vorfeld programmiert wurde, lässt sich während des Rechenvorgangs oft nicht so schnell feststellen, ob das System korrekt arbeitet oder nicht. Ist der Rechenvorgang vorbei, lässt sich natürlich kaum nachvollziehen, wie das Ergebnis zustande gekommen ist. Eigentlich ist auch nicht klar, ob die Berechnungen richtig waren. Vergleichen lässt sich das Ergebnis mit einem Entwurf: Gefällt dem Team der Entwurf, wird es als richtig deklariert.

Was ist KI: komplexe Informationstechnik! Foto von umgeworfenem Verteilerkasten____source: inhouse // form:f - critical : designWohin will die KI? Foto von Glasfaserkabel und Schatten // copyright: form:f - critical : design

Die Macht der Algorithmen: setzen wir sie ein!

Solange die Hardware einwandfrei funktioniert und genug Strom vorhanden ist, versetzt uns die Technik in die Lage, Fragen zu beantworten, die sich früher gar nicht oder nicht hieb- und stichfest beantworten ließen. Wir können mit ihrer Hilfe Dinge tun, die ohne undenkbar wären. Sie erledigt Aufgaben spielend, die ein einzelner Mensch weniger gut bewältigen kann. Sie versetzt allerdings auch Eingeweihte in die Lage, Ahnungslose in bisher unbekanntem Maß zu beeinflussen. All dies passiert auch ohne wirkliche künstliche Intelligenz. Ob die jemals entsteht, ist mehr als fraglich. Um allerdings Eindruck zu schinden, reichen schon einfache Algorithmen. Passend eingesetzt, haben sie beeindruckenden Einfluss auf unseren AlltagJe mehr wir über sie wissen und je besser wir die Grundlagen verstanden haben, desto besser können wir sie konstruktiv einsetzen. Dann machen sie wirklich Sinn!